Mittwoch, 21. Januar 2004
Offener Brief: "Erfurt spricht sich gegen Studiengebühren aus"
Lieber StuRa der Uni Erfurt,

entschuldigt, wenn ich mich in „Eure“ Sachen einmische; ich denke jedoch, dass Euch ein wenig Vernunft momentan nur gut tun kann – als auch und vor allem, dass Ihr momentan Positionen einnehmt, die Euch nicht zustehen und ganz Thüringen schaden. Daher folgende Erwiderungen auf Eure heute morgen der Thüringer Allgemeinen (siehe: http://www.thueringerallgemeine.de/ta/ta.standard.volltext.phpkennung=on2taHOMHomNational38005&zulieferer=ta&kategorie=HOM&rubrik=Homepage®ion=National&auftritt=TA&dbserver=1) verkündete Position, dass die Erfurter Studierenden für Studiengebühren sein:

1. Es gibt keinen Beschluss seitens des StuRa zu diesem Sachverhalt. Wer immer da mit der Presse sprach; er oder sie log.

2. Es gibt ganz im Gegenteil einen anders lautenden Beschluss, dem auch Euer StuRa vor kurzem zugestimmt hat: In der momentanen
gesellschaftlichen Situation sprechen sich alle Thüringer Studierendenvertretungen gegen jedwede Art von Studiengebühren aus.

3. Ich frage mich, wen ihr vertretet. Einer von Euch spricht für den StuRa, der nicht beschlossen hat. Und dieser wiederum spricht momentan, so scheint es jedenfalls, auch nur für sich! Denn: Keiner Eurer Studierenden, welcher auch nur ein Buch zum Thema Studiengebühren gelesen hat, die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes kennt oder weiß, wie es ist, kein Geld zu haben, kann und wird sich von Eurer zunehmend sozialchauvinistischer werdenden Meinung repräsentiert fühlen können.

4. Ihr lasst Euch von der momentanen Politik vor den Karren spannen. Nicht nur schreibt Ihr dumme und leere Argumente des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) ab und behauptet, sozial gerecht wäre, wenn nun Kindergartenplätze UND Studienplätze bezahlt werden müssten –
anstatt zu erkennen, dass es dumm ist, nach der Pest nun die Cholera zu fordern. Auch lenkt ihr die Debatte um verheerende Studienbedingungen an
auch und gerade Eurer Universität in eine Richtung, die kontraproduktiv ist. Denn: Ihr habt Probleme und diskutiert nun über Studiengebühren anstatt über die
Probleme selbst. Und: Ihr konstruiert eine vermeintliche „Lösung“ (Studiengebühren eben), die alle vorhandenen Probleme nur noch verschärfen würde – und diese niemals zu lösen vermag.

Es gibt keine „sozial verträglichen“ Studiengebühren. Ökonomen wie Sozialwissenschaftler werden Euch dies bestätigen. Diese Debatte mag ich jedoch nicht an dieser Stelle führen. Ich möchte Euch jedoch bitten – bitten, die Legitimation Eurer Behauptung, für die Erfurter Studierenden zu sprechen, zu prüfen. Denn – wie mir viele Erfurter Studierende bestätigten: Es scheint eher, als verträtet Ihr Euch denn sie!

Bitte erklärt und informiert Euch. Und verbreitet keine abgeschriebenen und falschen Argumente im Namen anderer, in deren Namen ihr tatsächlich
nicht sprecht.

Mit freundlichen Grüssen
Jens Wernicke
Referent für Hochschulpolitik des Studierendenkonvents der Bauhaus-Universität Weimar

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